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Ich bin mit allen Wassern gewaschen!

Karin Holl (53 J.) spricht aus, was Frauen beschäftigt und zweifeln lässt – sie erzählt vom großen Traum, Schauspielerin zu sein, und vom Älterwerden. Denn diese Branche ist mit ihrem überzogenen Schönheitsideal gnadenlos zu „alten“ Frauen. Karin spricht das aus, was viele Frauen sich wünschen, wovon sie träumen und sich so gern selbst trauen würden.

K-Holl

Was kommt dir zu den Themen Schauspiel und Alter in den Sinn?

Ich bin Schauspielerin. Und mit 53 sieht man vieles mit Weitblick. Ich weiß, was ich durchgemacht habe. Heute hat diese Lebenserfahrung ihre Vorteile. Man bekommt mit, dass das Leben endlich ist. Es gibt so viele Charakterrollen, die ältere Frauen spielen können. Mein Vorbild ist Judi Dench. Sie spielt aktuell die Hauptrolle in dem Film „Philomena“.

Wann hattest du entschieden, den Traum, Schauspielerin zu sein, wirklich in die Tat umzusetzen?

Schon als Kind wollte ich Schauspielerin werden, doch ich kam aus einem Elternhaus, wo das nicht möglich war. Ich bin in 3 Ländern aufgewachsen und war zu beschäftigt mit dem Umzügen, neue Schulen –und Länder, Wiederanfang. Ich hatte diesen Traum vergessen. Es schien mir auch später unmöglich. Nach 20 Jahren als Managerin für internationale Umweltschutzprojekte landete ich beruflich in einer Sackgasse. Ich fühlte, dass sich etwas ändern muss. Die Aufgabe und das Reisen erfüllten mich nicht mehr. So entschied ich, meinen Beruf an den Nagel zu hängen. Technisch gesehen war ich von heute auf morgen nur noch Hausfrau und Mutter von zwei Söhnen. Für mich war das sehr schwer, denn ich war noch nie ohne Arbeit. Meine Mutter war Hausfrau und das wollte ich niemals sein. Genau Januar 2006 habe ich ganz nervös meiner Familie beim Essen gesagt: Ach übrigens, ich fange Freitag an mit Schauspielunterricht. Meine Söhne und mein Mann sahen mich nur an! Und so vergingen 3-4 Jahre.

 Wie ging es dann weiter?

2011 habe ich gemerkt, jetzt kann ich was. Ich bemerkte eine große Veränderung in mir. Doch dann kam wieder eine große Krise und ich habe ein Jahr lang die Schauspielerei gelassen.
2012 im Winter erhielt ich einen Anruf mit der Frage, ob ich eine Rolle am Theater übernehmen möchte. „Das ist es Karin“, dachte ich – „definitiv“. „Keine Krisen mehr, keine Zweifel mehr.“ Heilung war mein innerer Motor. Ich wollte Teil der Heilung sein. Ich kam zu der Theatergruppe und merkte, dass ich mehr konnte, als ich dachte. Die Kollegen kamen dann auf die Idee, sich professionell weiter zu bewerben. Zwei Drittel der Leute waren in meinem Alter. Aber das Alter macht nichts … Mir ist es egal, was der Trend ist. Ich habe einen Traum, und den will ich verwirklichen!

 Wie war dein Einstieg bei StagePool?

Ich wollte gleich loslegen und mich fotografieren lassen. Aber immer wenn ich den Termin mit der Fotografin hatte, bekam ich einen schrecklichen Ausschlag. Auch das hat sicherlich was zu bedeuten, womöglich war es eine unbewusste Angst oder mein eingebautes Selbstsabotageprogramm, das ja jeder von uns irgendwo hat. Erst Ende März habe ich die Fotos gemacht. Es waren 800 Fotos und 6 davon haben wir ausgewählt. Anfang April stellte ich sie rein bei StagePool!
Eine Kollegin von euch rief mich an. Und ich finde es toll, dass es so nette Leute in dieser Branche gibt. Sie sagte, mein Typ sei richtig.
Mein erster richtiger Drehtag war vor einem Monat in Hamburg. Ich wurde am Busbahnhof abgeholt, in die Maske gebracht und geschminkt. Ich habe gemacht, was von mir erwartet wurde … es war eine super Erfahrung … da habe ich gemerkt, dass ich genau in meinem Metier bin. Ich liebe es zu spielen, etwas darzustellen.

Was rätst du älteren Menschen bei StagePool?

Es ist egal, weshalb man den Weg vorher nicht gegangen ist. Man kann seine Lebenserfahrung in die Rolle einbringen. Man spürt das, wenn man wahrhaftig mit sich selbst ist. Wenn du das fühlst und wirklich willst, dann findet der Weg dich! Das Herz aufmachen… das ist die Lebensaufgabe. Da geht das eigene Herz auf und auch das Herz des Anderen.

 Was war ausschlaggebend für deinen Start?

Die Fotos waren „Ausschlag“ – gebend im wahrsten Sinne des Wortes; ich bekam jedes Mal, als der Fototermin nahte, einen Ausschlag an den Augen… Ich musste noch weitere innere Hürden überwinden. Wenn man anfängt und noch kein Material hat, sollte man in gute und professionelle Bilder investieren. Man muss herausfühlen, ob der Fotograf die Seele erspüren kann. Es gibt so viele Fotos, auf denen die Frauen schön sind, aber sie sprechen nicht. Ein guter Fotograf muss dein Inneres herausholen können.

Und es braucht eine gute Vorbereitung. Ich habe mir für die Fotos drei Charaktersheets erstellt– mich hingesetzt und überlegt: Was braucht die Rolle? Wie denkt sie? Wie schaut sie und wie kleidet sie sich? Das habe ich beim Shooting umgesetzt.

Du kannst stolz auf dich sein! Was sagen deine Eltern zu deinem Weg?

Meine Eltern haben früher nie zu mir gesagt, dass sie stolz auf mich sind. Sie waren sehr bürgerlich und intellektuell. „Ich sollte eigentlich eine reiche Ehefrau werden … „spielen“ … Ich habe meine Familie durch meine Art herausgefordert. Jetzt findet meine Mutter was ich mache, sehr schön und sie ist stolz.
Ich bin nicht mehr 18 und wenn die Welt sich ändern soll, muss man sich selbst erst einmal ändern. Heute geht es mir richtig gut. Ich habe mir mein eigenes Leben neu geschenkt.

Was genau würdest  du der Welt jetzt sagen?

„VOR-Hang“ – ich hänge davor und komme nicht weiter …. Spiel nicht das, was du sein willst, sondern das, was du nicht sein willst … dann wirst du GANZ!
In jüngeren Jahren hätte ich gespielt, was man von mir erwartet, da war ich noch nicht bei mir. Alles was man hat: sein Alter, eine Narbe im Gesicht …. alles ist nutzbar, das bringt man in die Rolle ein. Man kann es für alles nutzen. Man muss es nur positiv angehen.

Wenn ich mit 90 auf dem Sterbebett liege und mir sage, dass ich mit 50 es nicht ernsthaft probiert habe... warum war ich dann überhaupt hier?

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