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Jörg Hilger

Jörg Hilger

Im Frühling stand Newcomer Jörg Hilger in gleich zwei Musicalproduktionen in Hamburg auf der Bühne - beim Dauerbrenner "Mamma mia" im Operettenhaus sowie im neuen Musical "Bonnie und Clyde" im Altonaer Theater. Zeit für uns sich einmal mit ihm zu unterhalten.

Wie bist du darauf gekommen Musical-Profi zu werden?
Mit 14 habe ich zum ersten Mal ein Musical besucht (das war Phantom) und ich war total überwältigt. So etwas hatte ich bis dahin noch nicht gesehen. Ich habe mir dann weitere Musicals angesehen und wußte, dass ich meinen Traumberuf gefunden hatte. Glücklicherweise hatten wir an meiner Schule eine Musical-AG in der ich dann mitgespielt habe. Das hat mir viel Spaß gemacht und mich in meinem Berufswunsch bestärkt. Als ich dann nach dem Abi nach Ausbildungswegen zum Musicaldarsteller gesucht habe, bin ich auf die HdK in Berlin und die Stage School in Hamburg aufmerksam geworden. Und weil sie mich in Berlin nicht wollten und es in Hamburg geklappt hat, habe ich hier meine Ausbildung absolviert. Letztendlich ist Hamburg eine Musicalmetropole und es gibt hier immer spannende Stücke neben den Großproduktionen zu sehen, z.B. im Schmidts Tivoli oder im Imperial.

Bist du zufrieden mit der Ausbildungssituation in Deutschland, findest du, das genug für junge Leute getan wird die eine Karriere als Musicaldarsteller anstreben oder könnte da noch einiges verbessert werden?
Als ich mich damals auf die Aufnahmeprüfungen vorbereiten wollte, war ich ziemlich ratlos. Ich wußte nicht wie ich mich präsentieren sollte und habe ein paar Gesangsstunden in meiner Heimatstadt am Hildesheimer Stadttheater genommen. Mitlerweile denke ich, gibt es viel mehr Möglichkeiten in Deutschland, um sich für die Bühne ausbilden zu lassen. Ich finde die verschiedenen Angebote recht gut und auch wenn es sicher immer mehr Interessenten als Ausbildungsplätze gibt, ist es letzten Endes auch so, dass es natürlich nicht unbegrenzt viele Stellen zu besetzen gibt. Ich glaube, dass jeder der genug Talent, Ehrgeiz und Einsatz für diesen Beruf mitbringt, eine Chance hat, in Deutschland eine Musicalausbildung zu machen.

Du warst gerade in zwei Musicals in Hamburg gleichzeitig zu sehen – einmal die große kommerzielle Produktion "Mamma mia" im Operettenhaus und einmal das kleine Musical "Bonnie und Clyde" im Altonaer Theater – welche Unterschiede gibt es im Spielbetrieb, welche Art von Musical macht dir mehr Spaß?
"Mammia Mia!" ist ein großartiges Beispiel für eine erfolgreiche Großproduktion, die alle Generationen und darüber hinaus nicht nur Musicalliebhaber anspricht. Es ist eine sehr runde gelungene Kombination von Musik und Handlung und schafft es jeden Abend, das Publikum mitzureißen. Es ist sehr schön ein Teil des Ensembles zu sein. Man spürt die Sicherheit des Betriebs, die Cast ist sehr vertraut miteinander und es ist ein stakes Gemeinschaftsbewußtsein vorhanden. Allein weil wir an sechs Tagen der Woche zusammen sind, fühlt man sich ein Stück weit zu Hause im Operettenhaus.
Bei Bonnie & Clyde ist die Atmosphäre auf der Bühne intimer, weil natürlich viel weniger Zuschauer da sind und die Bühne wesentlich kleiner ist. Für mich ist es einfach sehr schön hier eine große Rolle spielen zu dürfen, mit der ich mich darstellerisch ein ganzes Stück weiter entwickeln kann. Ich mag es auch, dass hier nur etwa drei bis vier Vorstellungen pro Woche gespielt werden, das ist angenehmer als acht Shows pro Woche. Bedauerlicherweise läuft B & C aber nur noch diesen Monat und das finde ich wiederum schade, weil ich quasi gerade erst richtig angefangen habe, die Rolle richtig genießen zu können.

"Mamma mia" lag schon seit der Uraufführung in London unter Beschuss von Musicalliebhabern weil hier "nur" alte ABBA-Hits gesungen werden, statt eigens für ein Musical geschriebene Lieder. Mittlerweile gibt es weitere Shows, die dieses Konzept imitieren wie "We will rock you" in London mit den Hits von Queen und beide laufen sehr erfolgreich. Wie findest du als Komponist diese Entwicklung? Sind diese Shows eine gute Ergänzung oder eine Bedrohung für kreative Schaffende?
Ehrlich gesagt fände ich es schon bedauerlich, falls sich in Zukunft nur Shows dieser Art durchsetzen würden, nicht zuletzt weil ich auch lieber "richtige" Musicalmelodien singe. Ich bin eher Fan von Shows wie Elisabeth oder Sunset Boulevard, wo ein pulsierendes Orchester den Ton angibt und eine stimmungsvolle Partitur das Geschehen dominiert. Ich hoffe, dass sich die Zuschauer auch weiterhin für solche Musicals interessiert, denn sie bestimmen mit ihrer Kaufkraft schließlich die Spielpläne.

Du komponierst auch selbst und stehst mit Soloprogrammen auf der Bühne –´welche Musikrichtungen bevorzugst du dabei, wovon würde ein von dir geschriebenes Musical handeln?
Ich mag den zeitgenössischen Musicalsound von Stephen Flaherty, Schönberg/Boubil und Sylvester Levay. In dieser Richtung schreibe ich den größten Teil meiner Musik. Ich habe aber beispielsweise mal ein Jahr in einer brasilianischen Band Keyboard und Klavier gepielt und da haben wir zusammen auch brasilianische Popsongs geschrieben. Das war eine echte musikalische Bereicherung für mich, denn in Sachen Rhythmus macht den Brasilianern keiner so schnell was vor.
Ich würde gern Geschichten aus dem Leben erzählen; keine Sci-Fi Abenteuer im Weltall wie Space Dream & Co, sondern von Menschen, die das Leben in allen Facetten erleben und in denen ich mich als Zuschauer wiederfinden könnte.

Wie sehen deine Pläne für die kommenden Monate aus? Werden wir dich mit "Bonnie und Clyde" auf Tournee erleben können? Gibt es bestimmte Rollen die du gerne einmal spielen möchtest?

Eventuell spiele ich im November ein paar Wochen B & C auf Tournee, da bin ich gerade am planen und verhandeln. Ansonsten wünsche ich mir für nächstes Jahr Stadt- und Staatstheaterproduktionen und mal sehen, was ich vielleicht sonst noch auf Euren StagePool Seiten entdecke.

Was würdest du jungen Leuten, die eine Karriere im Musical anstreben, raten?
Erstmal eine gute Aubildung machen und alle Grundlagen schaffen und dann kontinuierlich weiterarbeiten mit Unterricht und allem, was einem hilft möglichst flexibel einsetzbar zu sein. Nicht aufgeben, nicht verzweifeln, wenns auf den Auditions nicht klappt. Manche Dinge brauchen eben ihre Zeit - wie ein guter Wein, der reifen muß.

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