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Mehdi, Du bist 1994, im Alter von 21 Jahren, Deutscher Meister im Freestyle-Dancing geworden, 1996 Europa-Meister im Freestyle-Dancing, hast seitdem zahlreiche Auftritte gehabt bei Sat 1, Viva, RTL, zu Deinen Auftraggebern als Tänzer und Choreograph gehören Joop, Jaguar und Jean Paul Gaultier: Wo fing diese Wunschkarriere an? Wie kamst Du eigentlich zum Tanzen?
Ich bin Iraner, und im Teheran aufgewachsen, einem Land, wo diese Art von Tanz streng verboten war damals. In den 80er Jahren habe ich dann einige Breakdance Filme gesehen, die damals unter der Hand weitergereicht wurden, was sogar strafbar war. Ich war fasziniert vom Tanz, und habe meine eigenen ersten Versuche dann als Michael-Jackson Imitator auf Familienfeiern unternommen, in den Jahren darauf kam dann der Breakdance dazu. Als ich mit 14 Jahren von meinen Eltern nach Deutschland geschickt wurde, um hier bei meinem Bruder zu wohnen (damals hätte es sonst für mich geheissen, mit 15 Jahrem vom Militär eingezogen zu werden), war erst mal eine Pause mit Tanzen.
Doch als ich mich besser eingewöhnt hatte, fand ich in den Army-Base Discos eine Schule, wie ich sie mir gewünscht hatte: ich stellte mich neben die vorwiegend schwarzen Tänzer auf der Tanzfläche, und guckte ihnen monatelang zu, versuchte, ihre Bewegungen zu imitieren, und gewann schliesslich selber bei Tanzwettbewerben in der Disco Preise. Den ersten großen Auftritt hatte ich dann mit 16 Jahren beim Saarbrückener Stadtfest, wo ich wiederum von Leuten gesehen wurde, die mich dann für weitere Auftritte buchten.
Ein Freund von mir, der Geschäftsführer in einem Fitnesstudio war, bot mir dann eines Tages an, bei ihm zu unterrichten. Mit einigen Leuten, die ich dort kennenlernte, gründete ich dann 1992 die Gruppe „New Jack Kids“, die es auch heute noch gibt, wenn auch das Durchschnittsalter in der Gruppe heute bei durchschnittlich 30 Jahren liegt ( www.newjackkids.de).
Ich agierte dabei nicht nur als Tänzer, sondern auch als Choreograph der Formation, wobei es oft schwierig war, mich durchzusetzen, ich war nämlich gleichzeitig auch das jüngste Mitglied der Gruppe. Als wir jedoch mit den New Jack Kids zwei Jahre später die Deutsche Meisterschaft im Freestyle Dance gewannen, kam damit auch der Durchbruch: Wir hatten Pressekonferenzen, Auftritte auf Messen und mit Prominenten. Das Schöne war, daß ich nun endlich auch hauptberuflich vom Tanzen leben konnte, und fortan sogar meine Familie im Iran, die meinem Beruf als Tänzer sehr kritisch gegenüberstand, finanziell unterstützen konnte. Bis heute geben meine Eltern manchmal auf die Frage, was ihr Sohn beruflich in Deutschland macht, als Bezeichnung „Gymnastiklehrer“ an. Der Rest meiner Familie besteht sonst nur aus Akademikern, und es gilt in meinem Heimatland als zu exotisch, als Beruf „freischaffender Tänzer“ anzugeben.
Bist du zufrieden mit der Ausbildungssituation in Deutschland, findest du, das genug für junge Leute getan wird die eine Karriere als Tänzer anstreben oder könnte da noch einiges verbessert werden?
Die Ausbildung für Tänzer im Bereich Jazz/ Ballet ist in Deutschland sehr gut, ich denke jedoch, daß die Staatstheater oft nicht genug Gage zahlen. Schade finde ich, daß es keine anerkannte Ausbildung für Hip-Hop Tänzer gibt, da sind andere Länder uns einen Schritt voruas, z.B. Frankreich oder die USA, die so eine Ausbildung anbieten. Dort gibt es sogar Hip-Hop Musicals, die dort mit großem Erfolg laufen.
Aus diesem Grund habe ich selber ein aktuelles Projekt laufen, mit denen wir demnächst das Thema Hip-Hop Musical der breiten Masse vorstellen möchten. So haben wir in Köln ein Casting gemacht mit Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten, von denen wir 20 ausgewählt haben, die fortan kostenlos Gesangs-, Schauspiel- und Tanztraining erhalten. Mit diesem Musical „Die Marionetten“ werden wir im März in der Kölner Philharmonie Premiere haben, und danach auf Tournee in ganz Deutschland gehen.
Gibt es sonst Pläne für die Zukunft? Was steht bei Dir in den nächsten Monaten beruflich noch an?
Gerade habe ich die Tanzchoreographie für dir Live Performance des neuen McDonalds Werbespot gemacht, ansonsten unterrichte ich regelmäßig beim Cologne Dance Center, Prince, und der Fitness Company in Köln. Das zweite Musical, das ich in Zukunft choreographiere, heisst Der Greif, eine aufwendige Fantasy-Show, wie es sie so noch nie gab (www.greif.de). Wahrscheinlich werde ich da sogar selber mittanzen. Mit der klassischen Tänzerin Vanessa Erdmann habe ich zudem das ungewöhnliche Projekt „HipHop meets Ballet“ gegründet, in dem zwei Welten aufeinandertreffen.
Was würdest du jungen Leuten, die eine Karriere als Tänzer anstreben, raten?
Ich sehe die großen Castingveranstaltungen, bei denen jungen Leuten teilweise vorgegaukelt wird, wie einfach der Schritt ins Showbiz ist, duraus kritisch. Man muss den Beruf auch realistisch sehen: Sogar nach einer fundierten Ausbildung schaffen es von 50 Leuten höchstens 1-2 in dem Beruf Karriere zu machen, und bis ins hohe Alter als Tänzer und Choreograph gut davon leben zu können. Es gibt nicht viele Talente, die das Ganze auch choreographisch durchziehen können, und die bleiben dann irgendwo auf der Strecke. Wie so oft im Leben, steckt hinter allem auch harte Arbeit, Selbstdiziplin und ständige Weiterentwicklung. Ich kann jedem Tänzer nur empfehlen, am besten heute in mehreren Tanzrichtungen fit sein. Ich selber habe z.B. erst vor 3 Jahren mit dem Jazz Tanz angefangen, wobei mir klar war, daß ich nicht mit 3 mal Training die Woche in 3 Monaten ein guter Jazztänzer bin. Also habe ich mich stundenlang jeden Tag hingestellt und geübt. Nach 4 Wochen hatte ich so viele Pirouetten geübt, daß ich in beiden Beinen eine Sehnenscheidenentzündung bekam. Ich wünsche jedem, der diesen schönen Beruf gewählt hat, daß er an sich glaubt.
Mehdi Haris beim Casting Day 2003 in Berlin mit StagePool-Mitarbeiterin Carmen Hentschel und Musicaldarstellerin Melanie Haffke.
Nähere Informationen zu Mehdi Haris und wo er derzeit Unterricht und Workshops gibt, auf den Internetseiten: www.gohiphop.de und www.bestofdance.de