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Eine Amerikanerin in Köln - Multitalent Kathy Renish ist nicht nur Schauspielerin, Sängerin, Lehrerin und Coach, sondern hat auch den "Cologne Creative Circle" ins Leben gerufen
Erzähle uns etwas über dich selbst – warum wolltest du Schauspielerin werden und wo hast du deine Ausbildung gemacht?
Ich wollte schon Schauspielerin / Entertainer werden solange ich denken kann. Als kleines Mädchen hatte ich Ballettunterricht und träumte davon eine Ballerina zu werden, doch ich hatte nicht den richtigen Körper für eine Tänzern.
In der High School habe ich in vielen Theaterstücken mitgewirkt und mit 15 oder 16 bei einem nationalen Wettbwerb einen Preis als Beste Schauspielerin gewonnen für meine Leistung als Helen Keller im Stück "The Miracle Worker". Helen Keller hat wirklich gelebt, sie lebte um die Jahrhundertwende im amerikanischen Süden und war blind, taub und stumm. Mit Hilfe ihrer Lehrerin Annie Sullivan lernte sie zunächst sich mit Zeichensprache zu verständigen und später auch zu sprechen. Sie hat studiert und wurde sehr alt. Später habe ich auch einmal ihre Lehrerin Annie Sullivan gespielt.
Ich habe Theater und Gesang an der Pennsylvania State University in University Park, PA studiert und daneben immer wieder privaten Unterricht im Schauspiel, Gesang, Sprechen und Tanz genommen. Seit ich vor 14 Jahren nach Deutschland gekommen bin, habe ich jedes Jahr weitre Workshops belegt, unter anderem in Camera Acting und Regie und weiterhin mit meinem Gesangslehrer Gregory Lamar aus New York gearbeitet. Die Internationale Filmschule in Köln, sowie die Hochschulen für Film und Fernsehen in Potsdam und München, bieten hervorragende Weiterbildungsmöglichen im Bereich Film-Schauspiel. Ich hatte das Glück mit Leuten wie Mark Travis, M.K. Lewis, Margie Haber, Cheryl Lynn Franklin, Petra Gallasch (HAW) und Jerry Coyle zu arbeiten.
Was hat dich nach Deutschland geführt und brachte dich dazu zu bleiben?
1989 hatte ich drei Jobangebote – zwei für Tourneen in den USA und eine für Europa. Ich hatte England und Deutschland vorher schon besucht und wollte gerne mal für eine längere Zeit in Europa leben, darum entschied ich mich für die Europa-Tournee. Das Stück nannte sich "The Golden Musicals of Broadway" und wurde von der Schweizer Firma Scala produziert. Ich spielte unter anderem Christine (Phantom), Cosette (Les Miserables), Grizabella (Cats) und Maria (West Side Story) in diesem Stück. Zum Ensemble gehörten viele talentierte Künstler – die jüngste von ihnen war gerade 19 Jahre alt. Ihr Name war Jennifer Lopez. Nach der Tournee wohnte sie für einige Monate in meinem Apartment in New York, bis sie als Tänzerin in Japan auf Tournee ging. Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen oder gesprochen. Sie sagte immer "Ich werde ein Star!" – und sie ist es geworden. Ich selbst hatte nie Interesse an Ruhm oder Starrummel, ich wollte nur regelmäßig in interessanten Projekten mitarbeiten und für meine Arbeit respektiert werden. Außerdem lege ich Wert darauf meine Privatsphäre zu wahren.
Während die Darsteller der Tournee größtenteils aus den USA kamen und die Musiker aus verschiedenen Ländern, waren die Techniker hauptsächlich Deutsche. Einer von ihnen war Lutz. Wir verliebten uns und im September '90 zog ich von New York nach Köln um mit ihm zusammen zu sein. Wir heirateten 1993 in Dänemark.
Was sind für dich die größten Unterschiede zwischen der Künstlerbranche in den USA und in Deutschland?
Es ist überall schwierig künstlerisch tätig zu sein. Es bedeutet immer hart an sich zu arbeiten um den eigenen Standard zu halten und zu verbessern und gleichzeitig Arbeit zu finden, die nicht nur deine Miete bezahlt sondern auch interessant ist. Außerdem muß man genug Zeit und Energie finden um kreativ zu sein und etwas zu "erschaffen", z.B. selbst neue Projekte zu entwickeln.
Ich habe festgestellt, dass viele Künstler (Schauspieler, Sänger, etc.) in Deutschland darauf warten, dass Dinge (neue Projekte oder Jobs) an sie herangetragen werden. Doch trotz der Schwierigkeiten als Künstler finanziell über die Runden zu kommen und dem hohen Konkurrenzdruck haben Künstler in Deutschland einige Vorteile gegenüber ihren amerikanischen Kollegen. Jeder kann hier Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld bekommen und ist gesetzlich krankenversichert. In den USA geht das nur, wenn man Mitglied in einer der großen Gewerkschaften ist (EQUITY für Theaterleute, SAG für Filmschauspieler und AFTRA für Fernsehschauspieler) und diesen kann man nicht so ohne weiteres beitreten. Die meisten meiner Freunde, die keiner Gewerkschaft angehören, haben keinerlei Krankenversicherung. Und auch die, die Mitglied in einer Gewerkschaft sind, haben oft nicht genügend Arbeit um davon zu leben. Einer meiner Freunde, der zur SAG (Screen Actors' Guild) gehört, hat z.B. keine Krankenversicherung weil er nicht genug gearbeitet hat. Die meisten amerikanischen Künstler müssen in vielen verschiedenen Jobs arbeiten um zu überleben und akzeptieren dies einfach als Teil ihres Lebens. In Deutschland gibt es ebenfalls immer mehr Leute, die dies akzeptieren.
Was könnte aus deiner Sicht in Deutschland verbessert werden?
Seit ich als Lehrerin und Coach hier mit deutschen Schauspielern arbeite, die Rollen auf Englisch spielen möchten oder auch mit deutschen Geschäftsleuten, die fließend Englisch können müssen, versuche ich sie zu ermutigen nicht nur selbst aktiver nach Jobs zu suchen, sondern auch Arbeit selbst zu erschaffen. Wenn z.B. jemand seine Miete mit Hilfe des Arbeitslosengeldes bezalen kann, Krankenversicherung hat und genug zu essen kaufen kann, warum nutzt er die freie Zeit zwischen zwei Engagements nicht sinnvoll um ein eigenes künstlerisches Projekt auf die Beine zu stellen und z.B. einen Kurzfilm zu schreiben oder eine Soloshow zu kreiieren?
Das schlimmste, das einem Menschen passieren kann ist, dass er stagniert und einfach nur herumsitzt, nichts tut und sich beklagt. Auch wenn viele Deutsche glauben, dass das soziale System den Bach runtergeht, gibt es im Vergleich zu anderen Ländern noch immer einige positive Aspekte, die genutzt werden können. Auch Nicht-Künstler können in Zeiten von Arbeitslosigkeit kreativ sein.
Ein Buch, das mich sehr inspiriert hat, ist "Der Weg des Künstlers" von Julia Cameron ("The Artist's Way" im Original): Es ist ein 12-Wochen-Programm, das hilft, das eigene kreative Ich wieder zu entdecken. Es hilft jedem, der seine Kreativität wiederfinden will. Am Ende des Buches spricht sie über "Heilige Zirkel" – Gruppen von gleichgesinnten Menschen, die sich regelmäßig treffen um sich gegenseitig zu unterstüzen und zusammen neue kreative Projekte zu erschaffen. Im März 2002 haben ich eine solche Gruppe in Köln ins Leben gerufen – den Cologne Creative Circle. Wir sind insgesamt ungefähr 60 Personen (darunter Schauspieler, Sänger, Tänzer, Autoren, Regisseure, Fotografen, Maler, u.a.) die sich einmal im Monat entweder in einem Restaurant oder bei jemandem zuhause treffen um über aktuelle Projekte zu sprechen oder Hilfestellung anzubieten. Manchmal haben wir auch "Gäste" wie z.B. Castingagenten, Regisseure oder Menschen von Internetseiten wie StagePool, die neue Kontakte knüpfen möchten.
Ich informiere mich über Weiterbildungsangebote und Workshops, die ich auf unserer Website poste, ebenso wie Termine von Theaterstücken, Konzerten oder TV-Auftritten von Mitgliedern, so dass andere ihre Arbeit ansehen können. Ich versuche auch herauszufinden, wo es Angebote für Low- und No Budget-Filme gibt: Um als Filmschauspieler in Form zu bleiben, muß man auch ständig an sich selbst arbeiten. An Workshops teilzunehmen ist ein Weg. Ein anderer Weg ist Rollen in Studenten-Kurzfilmen zu übernehmen. Es gibt eine Menge dankbarer Filmstudenten und Regisseure da draußen, die neue Talente für ihre Projekte suchen UND es ist ein hervorragender Weg um neues Material für dein Demotape zu bekommen.
Du gehörst zum "Pool of Coaches" in Köln, einem Zusammenschluß von Lehrern und Coaches, die mit jungen Schauspielern arbeiten. Wie siehst du die Ausbildungssituation in Deutschland?
Der "Pool of Coaches" wurde im letzten Jahr von einigen Kollegen und mir ins Leben gerufen. Unsere Website ist www.pool-of-coaches.de. Jeder von uns hat ein Spezialgebiet. Meines ist z.B. die Arbeit auf Englisch – sei es, einem Schauspieler zu helfen sich auf eine Rolle oder ein Casting auf Englisch vorzubereiten oder einem Geschäftsmann eine Präsentation auf Englisch abzuhalten. Neben meiner Erfahrung im Entertainmentbereich verfüge ich ebenfalls über einen ausgebreiteten Hintergrund im Bereich Sales, Marketing und Management.
Seid ich vor 14 Jahren nach Deutschland kam, habe ich ein wachsendes Angebot an Kursen und Workshops für Schauspieler erlebt, obwohl nicht alles wirklich qualitativ hochwertig ist. Die bereits erwähnten Filmschulen – die HFF in Potsdam und München, sowie die IFS in Kön und das Kölner Filmhaus – bieten nicht nur hervorragende Weiterbildung für Schauspieler an, sondern auch Ausbildung und Weiterbildung für Regisseure, Kameraleute, usw. Die IFS hat z.B. nicht nur den Regisseur M.K. Lewis aus Los Angeles nach Deutschland geholt, sondern auch mit renommierten europäischen Regisseuren wie Andreas Dresen, Dominik Graf oder Paul Cox zusammengearbeitet. Diese Workshops sind nicht billig, aber ich sehe sie als gute Investition in die eigene Karriere.
Eine andere interessante Möglichkeit für Schauspieler und Regisseure bietet die FilmFarm im polnischen Kotla. Dies ist ein schönes Landgut ca. 300 km südöstlich von Berlin, wo sich Schauspieler und Regisseure aus aller Welt für einige Wochen treffen um über die Kunst des Filme machens zu sprechen. Es gibt auch Workshops für Dokumentarfilme, für alle, die sich für dieses Genre interessieren. Die FilmFarm nahm im letzten Jahr ihre Arbeit auf. Mehr Informationen gibt es auf ihrer Website www.filmfarm.co.uk Die beiden Regisseure / Coaches, die die Workshops in diesem Jahr geleitet haben, sind Mark Travis und Fred Johntz von Travis-Johntz-Productions in L.A. (www.travis-johntz.com). Ich hatte das Glück in den letzten vier Jahren mit Mark in Köln, Berlin, München und in Polen zu arbeiten. Er ist nicht nur Regisseur und Coach, sondern auch Autor und Script Consultant. Er und Fred haben gerade am Script Forum in Berlin teilgenommen.
Was sollen junge Leute, die Schauspieler werden möchten, beachten? Empfindest du das deutsche "Schubladendenken" im Entertainmentbereich ein Problem?
Das Schubladendenken kann sicherlich zur Falle für viele Leute werden. In Amerika gilt die Einstellung, dass du in ALLEM, was du tust, hervorragend sein mußt. Ein "Multi-Talent" zu sein, ist dort quasi Voraussetzung und der Gedanke ein Schauspieler, Sänger UND Tänzer zu sein und Theater, Musicals, TV, Film und Werbung zu machen, ist normal. Wenn ich in Deutschland sage, dass ich Schauspielerin (Theater, Film, Fernsehen), Sprecherin (Synchron, Werbung, Industriefilme, Imagefilme und Computerspiele), Sängerin (Musicals und mein eigenes Swing-Quartett "Mellow Music" seit 1995) und Moderatorin (auf Messen) bin, schauen mich die Leute oft an als ob ich zwei Köpfe hätte. Ich arbeite hart in allen diesen Bereichen und bilde mich ständig weiter um fit zu bleiben. Ich führe auch Regie (Theater, Kindertheater und Events) und unterrichte und arbeite als Coach. Ich habe auch viele verschiedene "Looks" und sehe auf Fotos je nach Make-up und Frisur total unterschiedlich aus, was manche Caster ziemlich verwirrt. Ich sehe auch jünger aus als ich wirklich bin, was manchmal verwirrt, aber natürlich auch gut für mich ist. Das Spielalter ist wichtiger als das tatsächliche Alter. Deutsche müssen hier noch lernen, dass es sich auszahlt flexibel zu sein.
Was denkst du über die aktuelle "Superstar" / "Fame Academy"-Hype im Fernsehen – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit? Ist es eine gute Methode um neue Talente zu entdeckten und jungen Leuten die Chance zu geben groß rauszukommen oder nur kommerzielle Hype und geschicktes Marketing ?
Ich halte ehrlich gesagt nicht viel von diesen Shows. Was mir besonders mißfällt ist, wie die Jury manchmal die Kandiaten beleidigt und erniedrigt, nur weil der Sender glaubt, damit seine Einschaltquoten zu steigern. Es ist natürlich möglich auf diese Art das ein oder andere natürliche Talent zu entdecken, aber es degradiert die harte Arbeit vieler sehr talentierter Leute, die jahrelang hart an sich arbeiten um entdeckt zu werden und keine Chance erhalten oder nicht von den "richtigen" Personen gesehen werden, z.B. aufgrund ihres Alters. Die meisten dieser Shows sind nur an sehr jungen Leuten interessiert. Die Welt besteht aus Menschen verschiedensten Alters, Aussehens, Farben und Gestalten. Diese Unterschiede sind es, die die Welt so interessant machen. Leider ist es in vielen Ländern (auch in Deutschland und den USA) so, dass eine Frau nach ihrem 25.Geburstag aufhört zu existieren – sie wird als uninterssant, unattraktiv und unvermarktbar abgeschrieben und das ist einfach nicht richtig. Jeder Mensch, der gelebt und Lebenserfahrung gesammelt hat, wird mit der Zeit eine viel interessantere, tiefere Persönlichkeit. Das ganze "Star"-System ist aus den Fugen geraten. Wieviele Schauspieler, Regisseure, Autoren, etc. könnten an zahlreichen Projekten arbeiten, wenn es für sie Geld gäbe statt den Millionen die eine Jennifer Lopez oder ein Bruce Willis für einen einzigen Film einstreichen? Ich sage nicht, dass gute Künstler nicht gut bezahlt werden sollten, aber hier stimmt einfach die Relation nicht mehr...
Was möchtest du jungen Leuten sagen, die eine Karriere im Showbusiness anstreben?
Laß dir nicht von Fernsehshows wie "Deutschland sucht den Superstar" vorgaukeln, dass du über Nacht ein Star werden kannst und es bleibst. Um dauerhaft Erfolg zu haben brauchst du eine gute Ausbildung und Erfahrung. Du fühlst dich als Person auch besser, wenn du langsam auf ein Ziel hinarbeitest und es Schritt für Schritt erreichst. Ich glaube, dass es vielen Leuten auch schwer fällt mit plötzlichem Erfolg und Reichtum fertig zu werden, egal auf welchem Weg er zustande kommt (ein Star werden, im Lotto zu gewinnen, etc.). Du kannst deine Wurzeln nicht von heute auf morgen vergessen und niemand ist vollkommen. Wir haben alle die gleichen Sorgen und Ängste, wir möchten lieben und geliebt werden, wir werden krank und irgendwann sterben wir. Wir können nicht nur von anderen nehmen, sondern müssen auch etwas zurückgeben. Ich versuche dies zu tun, indem ich unterrichte und coache und durch den Cologne Creative Circle, der Leute zusammenbringt, und durch meine Kunst.
Junge Leute sollten auch daran denken, dass es wichtig ist, sich selbst zu mögen und zu mögen, was man tut. Es ist okay sich Gedanken darüber zu machen, was andere von dir denken, aber laß dich davon nicht negativ beinflussen. Du solltest dich bemühne, in allem was du tust, dein Bestes zu geben – egal ob es in der Entertainment Branche ist, in der Medizin, der Wirtschaft oder Politik. Und vergiß nie dass "Showbusiness" auch BUSINESS ist – eine Geschäftswelt. Wenn du keine Erfahrung und kein Wissen über Wirtschaft und Geschäft hast, informiere dich. Du wirst es brauchen um in der Branche zu überleben. Ich glaube, dass dies eine weitere Sache ist, die gerade Künstler in Deutschland sich noch mehr aneignen müssen.
Was ganz besonders wichtig ist: Selbstvertrauen. Du mußt ein sehr starkes Selbstvertrauen entwickeln und fest an dich selbst glauben, um dich immer wieder selbst anzuspornen und mit all den Enttäuschungen und negativen Erfahrungen fertig zu werden, die in dieser Branche auf dich warten. Du wirst mehr negative Kommentare hören als positive. Du mußt dein eigener bester Freund sein und deine eigene moralische Stütze um im Showbusiness zu arbeiten. Unterstützung von anderen Freunden, Kollegen oder einer Gruppe wie dem Cologne Creative Circle helfen in schlechten Zeiten ebenfalls. Und vergiß auch nicht SPASS an deiner Arbeit zu haben und bei allem was du tust, mit Freude dabei zu sein. Sei dankbar für jede Chance, die sich dir bietet und genieße den Weg ans Ziel mehr als das tatsächliche Erreichen dieses Zieles (was immer es ist). Es ist eine sehr langer Weg, aber was für eine wunderbare Reise!